Ehepartner setzen häufig ein gemeinschaftliches Testament auf. Darin setzen sich die Partner gegenseitig als Erben ein und bestimmen außerdem, wer das Erbe erhält, wenn der zuletzt Überlebende stirbt. Was gilt aber, wenn mehrere Kinder als Schlusserben eingesetzt werden und eines dann enterbt wird? Kann der zuletzt lebende Ehepartner über dessen Erbteil bestimmen und womöglich einen eigenen Nachkommen als Erben einsetzen? Er kann es nicht, entschied das Oberlandesgericht Hamm. Die in einem gemeinschaftlichen Testament als Schlusserbin eingesetzte Tochter erhält den halben Erbteil ihrer als Schlusserbin ausgeschiedenen Schwester, soweit die Eheleute keine andere Bestimmung getroffen haben. 
Ein Ehepaar hatte sich in einem gemeinschaftlichen Testament wechselseitig zu Erben eingesetzt. Zu den Schlusserben des zuletzt Versterbenden hatten sie die beiden erstehelichen Töchter des Ehemanns bestimmt. Jede sollte eine Hälfte des Erbes erhalten. Zugleich hatten sie angeordnet, dass die Einsetzung als Schlusserbin dann entfalle, wenn nach dem Tode des Vaters (und Ehemanns) der Pflichtteil gefordert werde. Entsprechend schied die eine Schwester als Schlusserbin aus, nachdem sie nach dem Tode des zuerst verstorbenen Vaters ihren Pflichtteil verlangt hatte. Die im Jahre 2010 verstorbene Erblasserin setzte im Jahre 2006 einen Erbvertrag auf, mit dem sie eine vom gemeinschaftlichen Testament abweichende Erbeinsetzung vornahm. Nach ihrem Tode stritten die durch das gemeinschaftliche Testament begünstigte Tochter des verstorbenen Ehemanns und die durch den Erbvertrag begünstigte Tochter der Erblasserin um den Schlusserbteil der ausgeschiedenen Schwester. Die Tochter des Ehemanns beantragte einen Erbschein, der sie als Alleinerbin auswies. 

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm zu Recht. Die durch das gemeinschaftliche Testament begünstigte Tochter erhält auch den Erbteil ihrer ausgeschiedenen Schwester. Dies entspreche dem Willen der Eheleute bei der Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments, der hier maßgeblich sei. Durch die Erbeinsetzung der Kinder des Ehemanns hätten sie diesen den Vorzug vor der Verwandtschaft der Erblasserin eingeräumt. Anhaltspunkte dafür, dass beim Wegfall eines Schlusserben eine abweichende Erbfolge gewollt sei, gebe es nicht. Die Erbeinsetzung im gemeinschaftlichen Testament sei auch hinsichtlich der Regelung beim Wegfall eines Schlusserben nach dem Tode des Ehemanns bindend geworden. Auch hierzu sei dem gemeinschaftlichen Testament keine anderweitige Bestimmung zu entnehmen. Deswegen dürfe die Erblasserin die Erbfolge im Erbvertrag nicht anders regeln. 

Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 27. November 2012 (AZ: I-15 W 134/12)

 

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