In der rechtlichen Beratung erlebt man häufig, dass junge Familien keine ausreichende rechtliche Risikovorsorge betreiben. Geschieht ein Schicksalsschlag, ist es oft zu spät zu reagieren.
Warum besteht Handlungsbedarf? Gehen wir vom Standardfall der 4-Personen-Familie – Vater, Mutter und zwei minderjährige Kinder – aus. Der Vater ist Alleinverdiener, die Familie hat gerade ein Haus gebaut, das nur zu einem geringen Teil bereits abbezahlt ist. Die Eheleute sind im gesetzlichen Güterstand verheiratet; ein Ehevertrag ist nicht geschlossen. Der Ehemann und Vater stirbt nun plötzlich. Ein Testament haben die Eheleute nicht gemacht – warum auch, Testamente machen doch nur alte und kranke Menschen und nicht 30 oder 40-jährige. Wer erbt nun? Ohne Testament erbt die Ehefrau zu einer Quote von 1/2 und die beiden Kinder je zu 1/4. Es entsteht eine Erbengemeinschaft zwischen der Ehefrau und ihren Kindern, bei der keiner der Erben alleine über das Erbe und alle da hinein fallenden Gegenstände verfügen kann, sondern nur alle gemeinsam. Gehört z.B. das Hausgrundstück wie üblich zu je 1/2 den Ehegatten, wird im Grundbuch anstelle des verstorbenen Ehemanns die Erbengemeinschaft aus Mutter und Kindern eingetragen. Problematisch ist, dass bei der Regulierung des Erbes die Ehefrau die Kinder nicht gesetzlich vertreten kann, da die Gefahr von Interessenkollisionen besteht. Bei Aufteilung des Erbes muss über das Familiengericht ein sog. Ergänzungspfleger bestellt werden, der die Interessen der Kinder gegenüber der Mutter vertritt. Dass die Bestellung des Pflegers und dessen Tätigkeit Geld Kosten, sei am Rande erwähnt. Für Verfügungen über Immobilien, Verkauf und Belastung, muss sogar das Familiengericht eingeschaltet werden, ohne dessen Genehmigung keine Transaktion rechtliche Wirksamkeit entfaltet.
Wer in der Praxis für die Erteilung derartiger Genehmigungen Zeiträume von bis zu 1 Jahr (!) erlebt hat, kennt die praktisch gravierenden Probleme vor allem junger Witwen zur Genüge. Wie kann Abhilfe geschaffen werden? Wer vernünftig vorsorgt, verfasst ein gemeinschaftliches Testament, bei dem die Eltern sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen und die Kinder als Erben des Letztversterbenden (sogenanntes Berliner Testament). Die Kinder erhalten dann beim Tod des Erstversterbenden nur ihren Pflichtteil, nämlich einen Geldanspruchs in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils (und keine dingliche Beteiligung am Nachlaß). Bei größeren Vermögen sollte über steuerliche Spezialklauseln die Ausnutzung der Steuerfreibeträge nach dem erstversterbenden Ehegatten erreicht werden.
Aber Achtung: Enthält das Testament keinen Änderungsvorbehalt, kann der Überlebende es nach dem Tod des Ehegatten nicht mehr ändern – die Kinder bleiben Erben, auch wenn sie sich nicht so entwickeln, wie die Eltern es sich erhoffen. Derartige Klauseln sollte ein Rechtsprofi erstellen – im Internet sind sie nicht verfügbar.
Was wichtige Versicherungen anbelangt, müssen beim Tod des (Haupt-/Allein-)Verdieners die Ehefrau und die Kinder abgesichert werden – stirbt der Ehemann früh, muss die Ausbildung der Kinder gesichert sein. Daher sollte man – solange man jung und gesund ist – Risikolebensversicherungen in ausreichender Höhe abschließen, damit die Restfamilie nicht in wirtschaftlich schwieriges Fahrwasser gerät. Die Auszahlung von Risikolebensversicherungen kann im Erbfall komplett steuerfrei erfolgen, wenn eine einfache Regel befolgt wird: Versicherungsnehmer und Beitragszahler ist der eine Ehegatte, versichertes Risiko ist das Leben des anderen Ehegatten. Stirbt der Letztere, erhält der Überlebende die Leistung seiner eigenen Versicherung, die damit komplett steuerfrei ist und auch auf keine Steuerfreibeträge angerechnet wird. Eine Konstellation, die leider oft von den Lebensversicherungen nicht entsprechend angeboten wird und bei Überschreitung der erbschaftssteuerlichen Freibeträge viel (unnötiges) Geld kosten kann.